Erzdiözese München und Freising
Fachbereich Weltanschauungsfragen
Informationen zu religiösen und weltanschaulichen Strömungen

Informationen N

Nachhilfeinstitute - Checkliste

Nachhilfe / Hausaufgabenbetreuung – An wen kann man sich wenden?

Nachhilfe für Schüler: eine kritische Checkliste zu Instituten und Einrichtungen

Regelmäßig erreichen uns Anfragen zu Nachhilfeeinrichtungen, verbunden mit der Bitte nach Einschätzung, ob das jeweilige Angebot seriös ist und gut. Dahinter steht die Beobachtung, dass es ganz unterschiedliche Anbieter auf dem Markt der Nachhilfe und der Methodenvermittlung gibt und man weder vom Namen alleine noch von der Werbung her auf die Qualität der Einrichtung schließen kann. Die Werbeslogans jedenfalls, die ein „einfacheres“, „schnelleres“ oder „effektiveres“ Lernen versprechen, können kaum als Anhaltspunkt gelten, was der Anbieter tatsächlich leistet.

Wir möchten daher nachfolgend einige Kriterien auflisten, mit deren Hilfe Sie sich einen eigenen kritischen Standpunkt verschaffen können.

Einige grundsätzliche Hinweise

Es gibt nicht das Nachhilfeinstitut oder den kompetenten Lehrer für Alles. Sowohl Lehrer als auch Schüler sind Menschen mit ihren je eigenen Fähigkeiten und Unfähigkeiten; was für den Einen passt, muss für die Andere noch lange nicht gut und hilfreich sein! Bleiben Sie daher sensibel und kritisch und erkundigen Sie sich bei Ihrem Kind über den Fortgang der Nachhilfe.

Nachhilfe ist immer nur eine vorübergehende Lösung! Sie soll nicht nur Wissenslücken schließen, sondern auch zur selbständigen (Weiter)Arbeit verhelfen. Eine umfassende Nachhilfe führt daher auch in verschiedene Lerntechniken ein, achtet auf Lernstärken und Lernschwächen des Schülers (Stichwort: „Lerntyp“) und kann weiterführende Tipps geben (z.B. Literaturtipps, Internetverweise, passende Lernsoftware etc.).

Die beste Nachhilfe nutzt nichts, wenn Schüler nicht bereit sind, aktiv und konstruktiv mitzuarbeiten!

Ziele und Methoden

  • Was verspricht das Nachhilfeinstitut?
  • Sind die genannten Ziele realistisch?
  • Welche Methoden werden angewendet? Sind diese Methoden wissenschaftlich-pädagogisch begründet und für Sie nachvollziehbar (vgl. Anmerkungen unten)?
  • Werden diese Methoden und Arbeitsweisen konkret vorgestellt?
  • Ist das Angebot weltanschaulich neutral oder wird direkt/indirekt missioniert?
  • Werden Inhalte vermittelt oder (nur) Lernstrategien weitergegeben?
  • Stehen den Schülern jeweils ihrer Altersklasse und des entsprechenden Unterrichtsfaches gemäß Materialien zur Verfügung: beispielsweise Literatur, Übungshefte, Software?
  • Ist das Nachhilfeinstitut in der Lage, Ihnen hilfreiche Tipps zu vermitteln: für das Lernen zu Hause, für die Beschaffung geeigneter Materialien (Bücher, Lernsoftware, Internetangebote)?

Anmerkung: Sowohl die Organisation Scientology als auch andere Anbieter mit eigensinnigen Weltanschauungen und pseudo-pädagogischen Einsichten sind auf dem Nachhilfemarkt vertreten.

Hinsichtlich der Gefahr, an ein Institut zu gelangen, das nach Scientology-Richtlinien geführt wird und/oder dessen Inhaber Scientologen sind, sei auf die gängige Praxis der Schutzklausel verwiesen (weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage www.weltanschauungsfragen.de). Hinsichtlich der Gefahr, mit abstrusen pädagogisch-didaktischen Methoden in Berührung zu kommen, ist es hilfreich, sich über das Internet, über die Schule oder bei fachlich versierten Informations- und Beratungsstellen rückzuversichern (vgl. unten)

Gerade in den letzten Jahren hat das Angebot an esoterischen Nachhilfeangeboten extrem zugenommen; oft schaden diese Institute mehr als dass sie nützen. Wenn Nachhilfelehrer damit werben, dass sie in der Schule selbst nie erfolgreich waren oder mit ihrer besonderen Intuition neuartige und phänomenale Methoden entwickelt hätten, ist Vorsicht geboten.

Manche Angebote für Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe werden von politischen Organisationen angeboten, die ihre Bildungsarbeit mehr oder weniger unverhohlen mit politischer Propaganda vermischen. Nicht erst, wenn diskriminierendes Verhalten oder gar rassistisches Gedankengut auftaucht, sollte man den Anbieter wechseln und gegebenenfalls die Behörden informieren!

Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe werden zunehmend auch von weltanschaulich geprägten Gruppen und religiösen Gemeinschaften angeboten. Natürlich ist es selbstverständlich und begrüßenswert, wenn Vereine, Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften sich mit ihren Ressourcen an der Förderung von Bildung und Kultur beteiligen. Allerdings erliegen immer wieder einzelne Organisationen der Versuchung, ihr sozial-caritatives Engagement für die Rekrutierung neuer Anhänger zu missbrauchen. Nicht immer ist klar ersichtlich, welcher Träger im Hintergrund das Angebot verantwortet und den Wertekanon bestimmt. Vorsicht ist beispielsweise bei Organisationen geboten, wenn sie vermeintlich christliche oder islamische Werte propagieren, die ein sehr einseitiges traditionalistisches Gesellschaftsbild wiederspiegeln (insbesondere hinsichtlich Frauenrechte, Meinungs- und Religionsfreiheit, Sinn der Sexualität oder der Trennung von Religion und Staat) und damit in eine gesellschaftliche Parallelwelt führen. Besonders also wenn missionarischer Eifer mit exklusivem Bewusstsein zusammentrifft, ist die Gefahr einer Anwerbung gegeben. Das ursprüngliche Ziel, nämlich Hilfe bei schulischen Problemen zu erhalten, droht dann nur nachrangig zu sein. Allerdings ist oft schwer zu entscheiden, wo das Recht, seinen religiösen Glauben zu bekennen, aufhört und unterschwellige Indoktrination sowie Anwerbung beginnt.

Derzeit boomen Angebote und Veranstaltungen, die damit werben, auf modernsten Erkenntnissen der Hirnforschung zu beruhen. Leider kommt die Diskussion auch unter Hirnforschern nur langsam in Gang, was tatsächlich seriös aus wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen geschlossen werden kann. Ferner wird in der gesellschaftlichen Diskussion oft völlig vernachlässigt, dass aus den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen keinerlei pädagogische Empfehlungen an und für sich zu folgern sind – immer spielen auch Werte und pädagogische Überzeugungen eine wesentliche Rolle, welche oft weder offen noch kritisch reflektiert werden. Daher gilt auch hier, keine Wundermittel zu erwarten und kritisch-realistisch den Folgerungen und zum Teil vehementen Forderungen zu begegnen!

Das Institut und die Rahmenbedinungen

  • Ist das Nachhilfeinstitut im regionalen Umfeld bekannt? (hat z.B. die Schule schon Erfahrungen sammeln können?)
  • Welchen Ruf hat das Nachhilfeinstitut? Ein Blick ins Internet (Diskussionsforen, Blogs) kann Ihnen ein erstes Gespür vermitteln helfen.
  • Wie ist Ihr Gesamteindruck? Sind die Räume ansprechend (kindgerecht) gestaltet (Mobiliar)? Wie sauber ist die Einrichtung? Gibt es bedarfsgerechte Toiletten?

Anmerkung: Gerade weil viele Institute im Franchising-System geführt werden, ist es wichtig, nicht nur Informationen über die Kette einzuholen, sondern auch über das konkrete Institut vor Ort.

  • Ist eine entsprechende Qualifizierung der Nachhilfelehrer gegeben?
  • Wird diese Qualifizierung belegt und ist sie auch nachvollziehbar?
  • Nehmen Nachhilfelehrer an Fort- oder Weiterbildungsveranstaltungen teil?
  • Betrifft das nur die Leitung oder auch die Lehrkraft, bei der Ihr Kind unterrichtet wird?
  • Ist der Sprachgebrauch der MitarbeiterInnen „normal“ oder fallen Ihnen merkwürdige Floskeln oder Wörter auf?
  • Wieweit ist das Institut vernetzt? Gibt es Kontakte zu den Schulen am Ort? Kann man schnell und souverän weiter vermitteln, wenn ein Schulwechsel nötig wird oder Probleme wie Sitzenbleiben, Schulverweigerung, Mobbing etc. den Schulalltag belasten (z.B.: Pädagogisch-psychologische Beratungsstellen für Schulen)?
  • Bietet das Institut spezielle Angebote für LRS (Lese-Rechtschreib-Schwäche), Legasthenie oder Dyskalkulie? Ist man dafür qualifiziert?
  • Wenn das Angebot „ganzheitlich“ ist: Was bedeutet dies konkret? Sind die zu Grunde liegenden Methoden allgemein anerkannt und nachvollziehbar?

Der Vertrag

  • Stimmt das Preis-Leistung-Verhältnis?
  • Wie gestaltet sich der Preis im Vergleich zu anderen Anbietern? Gibt es Zusatzkosten?
  • Ist der Vertragstext verständlich? Wird der Vertrag mit Ihnen durchgesprochen? Gibt es Klauseln im Vertrag, die Ihnen merkwürdig erscheinen oder deren Sinn Sie nicht verstehen?
  • Sind die Kündigungsmodalitäten eindeutig? (Sie sollten nicht länger als 3 Monate betragen.)
  • Wie sind die Regelungen bei Krankheit oder Verhinderung (sowohl seitens der Schüler als auch seitens des Nachhilfeinstituts)?
  • Probestunden sollten nach Möglichkeit kostenlos angeboten werden!

Anmerkungen: Nehmen Sie sich Zeit beim Vertrag: Sie können den Vertrag mit nach Hause nehmen und mit Personen Ihres Vertrauens besprechen – vor allem, wenn es um längerfristige Verträge oder um Nachhilfeferien geht, wo neben Unterricht auch Unterkunft, Verpflegung und Versicherungsfragen vereinbart werden müssen.

Bei Fragen zum Vertrag sei sowohl auf die Verbraucherzentrale bzw. dem Verbraucherservice Bayern hingewiesen, als auch auf die ABI in Stuttgart, die Ihnen bei der juristischen Durchsicht behilflich sein können (Adressen siehe unten)!

Der Unterricht

  • Werden Ihnen vorab Informationen zum Unterrichtsverlauf gegeben?
  • Findet Einzel- oder Gruppenunterricht statt?
  • Wenn Unterricht in der Gruppe: Ist die Gruppe sinnvoll zusammen gestellt (Altersstufe, Schulart, Unterrichtsfach)?
  • Macht die Größe der Gruppe ein effektives Arbeiten möglich?
  • Bietet das Institut Nachhilfe an bezogen auf den konkreten Lehrplan? (Stichwort: „Lehrplanbezug“; Lehrpläne sind über das Internet einsehbar und downloadbar)
  • Werden die konkreten schulischen Arbeiten und die in der Schule verwendeten Lehr- und Lernmittel berücksichtigt oder verwendet?
  • Werden unterschiedliche Lerntechniken vorgestellt, die die jeweilige Lernsituation des Schülers berücksichtigen?
  • Die Möglichkeit von Probestunden kann Ihnen Sicherheit bringen, ob Ihr Kind mit dem Angebot und den Gepflogenheiten des Institutes zurecht kommt oder nicht!

Besondere Nachhilfeangebote

Online – Angebote gewinnen in Zeiten des Internets größere Bedeutung. Nur bei großer Disziplin und Eigenmotivation dürfte ein Online-Angebot überhaupt in Frage kommen. Je nach Alter des Kindes/Jugendlichen sind die Eltern hier aber stärker gefordert als bei einem persönlichen Nachhilfeangebot. Was ein Online-Angebot tatsächlich leisten kann und ob es überhaupt zur Vermittlung von Lernmethoden etc. geeignet ist oder nur zur Wissensvermittlung und Wissensüberprüfung hilfreich sein kann, bleibt angefragt.

Sprachreisen sind schon seit vielen Jahren etabliert. Das Angebot an Nachhilfe, die en bloc dargeboten wird (Wochenend- oder Feriennachhilfeangebote) wächst ständig, wobei es sowohl Kurse vor Ort gibt wie auch Angebote im europäischen Ausland. Letztere bieten ein Gesamtpaket, wo nicht nur Lernen, sondern auch Freizeitgestaltung und Abenteuer versprochen werden. Je länger und weiter entfernt man sein Kind in die Obhut anderer Menschen gibt, desto sorgfältiger sollte man natürlich das Angebot prüfen (siehe oben). Zusätzlich zu den üblichen Fragen, die man sich bei mehrtägigen (Auslands)Reisen stellen sollte (Versicherungsfragen etc.), sind vielleicht noch folgende Kriterien zu nennen:

  • Verfügen sowohl das Institut und seine Lehrer als auch das begleitende Personal über einen guten Leumund? (Welchen persönlichen Eindruck haben Sie von den Personen, die Ihr Kind begleiten und betreuen werden? Gegebenenfalls: polizeiliches Führungszeugnis erfragen)?
  • Gibt es rechtzeitig vor Beginn der Maßnahme einen Informations- und Kennenlernabend in Ihrer Nähe? Wie lange können Sie vom Vertrag ohne Nachteil zurücktreten, insbesondere wenn Ihnen Zweifel kommen, ob das Angebot für Ihr Kind geeignet ist?
  • Welche Kontaktmöglichkeiten haben Sie und hat Ihr Kind während des Aufenthaltes?
  • Wie ist die Freizeitgestaltung vor Ort? Gerade wenn im Sinne eines „ganzheitlichen Coachings“ Kurse zur Persönlichkeitsbildung durchgeführt werden, sollte man besondere Vorsicht walten lassen: Nicht immer wird Rücksicht genommen auf die psychischen Möglichkeiten der TeilnehmerInnen, was später zu schwerwiegenden Problemen führen kann (Beispiele: Outdoor-Camp, Hochseilgarten, Körperübungen).

Weitere Informationen hierzu können Sie unserer Checkliste "Persönlichkeitstrainings" entnehmen.

Anmerkung: Die Aktion Bildungsinformation ABI Stuttgart gibt weitere Informationen und bietet qualifizierte Beratung (auch in Rechtsfragen) zu dieser Thematik. Adresse siehe unten!

Axel Seegers
Fachbereich Weltanschauungsfragen

Hilfreiche Adressen:

Verbraucherzentrale Bayern:
Beratungsstelle München
Mozartstraße 9
80336 München

Fax 089 / 53 75 53

Telefonische Beratung (kostenpflichtig):
Verbraucherrecht: 09001 8090 010
Versicherungen: 09001 8090 020

Email-Beratung (kostenpflichtig): http://www.meine-verbraucherzentrale.de/DE-BY/emailberatung
Homepage: http://www.verbraucherzentrale-bayern.de oder bundesweit http://www.verbraucherzentrale.de
Email: muenchen@vzbayern.de

 

Verbraucherservice Bayern:
Adresse München (Zentrale):
Dachauer Straße 5
80335 München

Tel. 089 / 51518743
Fax 089 / 51518745

Homepage: http://www.verbraucherservice-bayern.de
Email: info at verbraucherservice-bayern dot de
(keine EMail-Beratung!)

 

Schulämter

Das zuständige Schulamt in Ihrer Nähe finden Sie z.B. über das Bayerische Kultusministerium:

Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Hausanschrift: Salvatorstraße 2, 80333 München
Postanschrift: 80327 München

Tel.089 / 2186 - 0 (Vermittlung)
Fax: 089/2186 - 2800

Homepage: http://www.km.bayern.de

Lehrpläne können Sie über das ISB - Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung einsehen/beziehen: http://www.isb.bayern.de

 

Jugendämter

Das zuständige Jugendamt in Ihrer Nähe finden Sie z.B. über das Bayerische Landesjugendamt in München:

Bayerisches Landesjugendamt (BLJA)
Hausanschrift: Marsstr. 46, 80335 München
Postanschrift: Postfach 400260, 80702 München

Tel. 089 / 12 61 - 04 (Vermittlung)
Fax 089/ 12 61 - 22 80

Email: poststelle-blja@zbfs.bayern.de
Homepage: http://www.blja.bayern.de

 

Weitere Informations- und Beratungsstellen

Scientology-Krisenberatungsstelle
City Call: 0180 - 100 00 42

 

ABI - AKTION BILDUNGSINFORMATION E.V.
Lange Straße 51
70174 Stuttgart

Tel. 0711 - 220 216 - 30 (Zentrale)
Tel. 0711 - 227 00 - 73 (Beratung Sprachreisen)
Tel. 0711 - 220 216 - 43 und 227 00 -74 (Beratung Sekten und Psychogruppen)
Fax 0711 - 220 216 - 40

Homepage: http://www.abi-ev.de
Email: info at abi-ev dot de

 

Erzbischöfliches Ordinariat München

Ressort 1 Grundsatzfragen und Strategie

Fachbereich Dialog der Religionen

Kapellenstraße 4
80333 München

Tel. 089 / 2137 - 23 64
Fax 089 / 2137 - 27 23 64

Stand: August 2016