Erzdiözese München und Freising
Fachbereich Weltanschauungsfragen
Informationen zu religiösen und weltanschaulichen Strömungen

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Moon / Mun / Vereinigungskirche

Einreiseverweigerung gegen Eheleute Mun rechtens

07. Juni 2002. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz hat im Verwaltungsrechtsstreit zwischen der Vereinigungskirche e.V. und der Bundesrepublik Deutschland entschieden, dass die Einreiseverweigerung gegen die Eheleute Mun weder rechtswidrig noch unangemessen ist (OVG Koblenz, 12 A 1034/99.OVG).

Ausgangspunkt des seit mehreren Jahren andauernden Rechtsstreites war die Verweigerung der Einreiseerlaubnis, ausgesprochen durch die Grenzschutzdirektion Koblenz (im Auftrag des Bundesministeriums des Innern BMI). Sun Myung Mun, der sich seinerzeit auf einer Europareise befand, wollte am 12.11.1995 in Frankfurt vor ausgewähltem Publikum einen Vortrag halten. Nachdem der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln abgelehnt wurde, hat am 07.12.1995 der deutsche Zweig der Vereinigungskirche Klage gegen das Einreiseverbot erhoben.

Die weiteren Auseinandersetzungen vor Gericht waren in der Folgezeit dadurch geprägt, die formalrechtlichen Voraussetzungen zu klären. Hierbei ging es nicht in erster Linie darum, ob das Ehepaar Mun einreisen dürfe, sondern vielmehr darum, ob der deutsche Verein Vereinigungskirche e.V. mit Sitz in Schmitten (Taunus) überhaupt klageberechtigt sei oder nicht vielmehr die Eheleute Mun selbst Klage erheben müssten:
Das Verwaltungsgericht Köln (VG) verwies 1998 die Klage an das Verwaltungsgericht Koblenz, welches die Klage aufgrund mangelnder Klageberechtigung ablehnte (VG Koblenz 3 K 938/98.KO, 9.11.1998). Gegen dieses Urteil legte die Vereinigungskirche e.V. Berufung beim OVG Rheinland-Pfalz in Koblenz ein, das per Zwischenurteil vom 13.09.2000 die Berufung und die Feststellungsklage für zulässig erklärte (11 A 10349/99.OVG). Mit Urteil vom 10.07.2001 hat dann das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) den Antrag des BMI auf Revision gegen das Zwischenurteil zurückgewiesen, so dass nun höchstrichterlich geklärt war, dass der deutsche Verein Vereinigungskirche e.V. klageberechtigt sei und nun die inhaltlichen Gründe für das Einreiseverbot geprüft werden müssten.

Angesichts dieses zeitaufwendigen Verfahrens durch die Gerichtsinstanzen mag sich dem kritischen Beobachter die Frage aufdrängen, warum Sun Myung Mun nicht selbst Rechtsmittel eingelegt habe und damit viel früher eine Entscheidung hätte herbeiführen können. Angesprochen auf diese Möglichkeit gab der Anwalt der Vereinigungskirche e.V., RA Dr. Knittlmayer bei der mündlichen Verhandlung die vielsagende Auskunft, dass Herr Mun in den 70er und 80er Jahren einschlägige Erfahrungen gesammelt habe mit (amerikanischen) Gerichten, die er kein zweites Mal erleben wolle: 1982 wurde Mun wegen Steuerhinterziehung zu 1½ Jahren Haft verurteilt!

Das BVerwG hat mit seinem Urteil nicht nur die Zulässigkeit der Klage festgestellt, sondern zugleich auch Kriterien für die Bewertung der Rechtmäßigkeit der Einreiseverweigerung dem OVG aufgegeben. Die "Pflicht des Staates zur Berücksichtigung der schützenswerten Interessen", so das BVG, gehe nur so weit, wie "die Verweigerung der Einreise religiöse Belange der Gemeinschaft nach ihrem eigenen Glaubensverständnis nicht unerheblich beeinträchtigt" (Hervorhebung A.S.). Demzufolge müsse die Vereinigungskirche e.V. nachweisen, dass der "Besuch des Oberhauptes in Deutschland nach der jeweiligen Glaubenslehre eine wesentliche Bedeutung für die gemeinschaftliche Ausübung der Religion" habe (Hervorhebung A.S.).

Die Vereinigungskirche e.V. hatte in ihrer juristischen Argumentation immer wieder auf Artikel 4 GG verwiesen und das Recht auf freie Religionsausübung eingeklagt. Sie sah sich durch die Verweigerung der Einreise ihres religiösen Oberhauptes in unzulässigem Maße beschränkt in ihren religiösen Freiheitsrechten. Schützenhilfe holte man sich, wie bei amerikanisch dominierten Gruppen üblich, von führenden Politikern in den USA. Mit der Benennung konkreter Kriterien wies das BVerwG eine derart allgemeine Forderung nach einem religiösen Freifahrtsschein deutlich zurück!
Im Verlauf der Auseinandersetzung konnte die Vereinigungskirche eben diese "spezifische Bedeutsamkeit der körperlichen Anwesenheit der Eheleute Mun für das Glaubensleben" nicht nachweisen!

Die Vereinigungskirche e.V., die nach eigenen Aussagen derzeit über 1.300 Mitglieder (im Zuge der Untersuchungen in der Enquete-Kommission ging man vor Jahren von ca. 700 - 800 Mitgliedern aus) und ca. 4.000 Sympathisanten in Deutschland verfüge, gab in der mündlichen Verhandlung am 07.06.2002 in Koblenz an, man wolle Herrn Mun nach Deutschland einladen, damit er das renovierte Seminarhaus in Bad Camberg (im Taunus) einweihen könne. Man war darum bemüht, glauben zu machen, dass nur Herr Mun selbst dieses Haus einweihen könne, weil diese und andere religiöse Handlungen der Vereinigungskirche ihm selbst vorbehalten seien.

Auf genauere Nachfrage hin mussten die Vertreter der Vereinigungskirche jedoch eingestehen, dass es bei einem früheren Besuch des Herrn Mun zu einer Einweihung eines Hauses (in der Feldbergstr. in Frankfurt) gekommen sei. Die Tatsache, dass dieses Haus mittlerweile jedoch von ihnen selbst verkauft worden ist, lässt die postulierte "besondere Bedeutung" der Einweihung mehr als fraglich erscheinen . Neben diesem jetzt veräußerten Haus gebe es nur noch drei "Heilige Gründe", die durch Herrn Mun persönliche eingeweiht wurden. Es handelt sich hierbei um Bäume (!) in öffentlichen Parks von Berlin, Essen und Frankfurt. Doch auch hier musste die Vereinigungskirche zugestehen, dass diese "Heiligen Gründe" keine besondere Bedeutung spielen im religiösen Jahresablauf; weder konnte man von Prozessionen noch anderen gemeinschaftlichen Veranstaltungen an diesen "Heiligen Gründen" berichten. Vielmehr verwies der Rechtsanwalt der klagenden Partei darauf, dass die Mitglieder sich dort zum Gebet und zur Meditation versammeln könnten!
Die beklagte Partei, vertreten durch Prof. Dr. Abel, konnte schließlich noch darauf hinweisen, dass derartige Weihen auch von anderen führenden Mitgliedern der Vereinigungskirche durchgeführt würden. Außerdem sei zu beachten, dass das Seminarhaus schon seit längerer Zeit (wieder) benutzt würde.

Auf Initiative des Gerichtes wurde die mündliche Verhandlung unterbrochen, um den Vorschlag einer gütigen Einigung zu prüfen. Dabei wurde deutlich, wie sehr der deutsche Zweig auf die Anweisungen der amerikanischen Leitung verpflichtet ist; jeder Vorschlag musste zunächst per Telefonschaltung mit den Anwälten in Washington abgesprochen werden. Bedenkt man, dass einerseits die Vereinigungskirche e.V. den Verkauf des Hauses in Frankfurt mit Geldnöten begründete und andererseits der deutsche Zweig vollkommen abhängig ist von der gewiss nicht armen internationalen Kirche, dann mehren sich die Zweifel an der Redlichkeit so mancher vorgebrachten Behauptung in dieser langjährigen Auseinandersetzung. Diese Zweifel werden noch dadurch verstärkt, dass die Vorschläge aus Washington letztlich eher auf die europäische Dimension abzielten als den deutschen Zweig in seinen religiösen Belangen zu unterstützen. Zu beachten ist nämlich, dass das Einreiseverbot für Herrn Mun, dass die Bundesrepublik ausgesprochen hat, weit über Deutschland hinausgeht und alle Schengenstaaten verpflichtet, also Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Italien, Österreich, Griechenland, Spanien, Portugal, Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden.

Das OVG in Koblenz hat eine Revision nicht zugelassen. Dagegen kann die Vereinigungskirche e.V. noch Beschwerde erheben. Angesichts der Tatsache, dass sich das OVG Koblenz in seinem Urteil sehr eng an die Kriterien gehalten hat, die das BVerwG vorgegeben hat, dürften jedoch die Aussichten auf Erfolg eher gering sein. Das Ehepaar Mun wird daher auch in Zukunft nicht nach Deutschland (und große Teile Europas) reisen dürfen. Die Auseinandersetzung mit den Zielen und Praktiken der Vereinigungskirche ist deshalb nicht obsolet geworden, zumal aktuelle Aussteigerberichte bestätigen, dass sich bei den Methoden der Anwerbung wie auch in den (Verhaltens)Strukturen innerhalb der Gruppe nichts geändert hat. In Deutschland sind die sozialen Verhältnisse zwar etwas anders gelagert als in (Latein)Amerika oder in den osteuropäischen Staaten; gleichwohl ist das konfliktträchtige Potential immer noch vorhanden.

Axel Seegers

Urteil des OVG Koblenz (.pdf mit 560 KB)