Erzdiözese München und Freising
Fachbereich Weltanschauungsfragen
Informationen zu religiösen und weltanschaulichen Strömungen

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Halloween

Halloween oder: Die Fünfte Jahreszeit beginnt früher

Halloween erlebt neuerdings in unseren Landen Hochkonjunktur.
Neben der Vielzahl von Angeboten und Möglichkeiten, die der Monatswechsel am besten gelingen kann, wächst auch die Zahl der kritischen Töne. Es wird sogar gewarnt vor Satanisten- und Hexenkreisen, die die Nacht des Horrors ausnutzen. Nachfolgend seien einige wissenswerte Informationen wiedergegeben, verbunden mit einem kritischen nicht allzukritischer Überblick über die neue Halloweenbegeisterung in unseren Breitengraden.

Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken in den Keller und an allen Ecken und Enden tauchen Kürbisse auf. Ein neuer Brauch scheint sich auch in unseren Breitengraden durchzusetzen: Halloween. Bis vor wenigen Jahren kannte man den Brauch nur aus amerikanischen Filmen, nahm interessiert zur Kenntnis, wie Kinder verkleidet von Tür zu Tür liefen und mit dem typischen Spruch: „Trick or Treat!“ („Süßes oder Saures!“) um Süßigkeiten baten.

Den Handel freut’s

Mittlerweile kann man sich den werbenden Vorboten nicht mehr entziehen: In den Kaufhäusern findet man neben den Kürbissen in der Gemüseabteilung ganze Regale voller Imitate aus Ton, Plastik oder Holz, dazu diverse Horrormasken, Schminkutensilien und schaurige Kostüme. Über Bücher oder die verschiedensten Angebote im Internet kann man sich informieren, wie man die Tage (es handelt sich nämlich nicht mehr nur um die Nacht des 31. Oktobers) entsprechend gestalten kann: Gruselrezepte zum nachkochen (z.B. für Vampirsuppe, Wackelpudding mit Spinnen, Ekelbowle o.ä.), Partygags (die alle Bereiche des guten und weniger guten Geschmacks abdecken) oder Dekorationstipps für Wohnung und Garten wollen für eine perfekte Gestaltung sorgen. Die „Fünfte Jahreszeit“, die eigentlich erst mit dem 11.11. beginnt, wird also schon einige Wochen früher eingeläutet. Den Handel wird’s freuen; bietet der Halloweenbrauch doch eine ideale Möglichkeit, zwischen den Sommerangeboten und der Weihnachtsware ein kleines Zwischenprogramm einzulegen. Und da sowohl Kostüme als auch Masken nicht so recht zur Faschings- bzw. Karnevalstradition passen, bleibt der Absatz für die tollen Tage ab Mitte November gesichert.

Doch warum sollte man die Entwicklung des Kommerzes nur kritisch sehen?
Die gesteigerte Nachfrage lässt das Angebot wachsen, was Grundlage für eine gute Konjunktur ist!
Nach den warmen Sommertagen beginnen nun wieder die Tage in den Wohnungen und Häusern. Wer jetzt sein trautes Heim mit kerzenbeleuchteten Kürbissen schmückt, wird sich vielleicht darin wohler fühlen.
Und wer mit Freunden und Bekannten feiert, sich dazu verkleidet und „schaurige“ Büffets kreiert, der dürfte dabei viel Spaß haben.

Ursprung

Halloween ist aber nicht nur eine neue Modeerscheinung der modernen Erlebnisgesellschaft. Blickt man auf die Wurzeln des Halloweenfestes zurück, so tritt auch der ursprünglich ernste Charakter hervor. Nach dem irisch-keltischen Kalender wird in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November das Fest „Samhain“ begangen. Man verabschiedet sich vom Sommer und bereitet sich auf die kalte Jahreszeit vor, die für den Kelten zugleich eine Zeit der Toten und der umherziehenden Dämonen ist. Anders als für den modernen Menschen ist für den Kelten die Existenz von Geistern und Dämonen so konkret, dass man in jedem Augenblick damit rechnen muss, von diesen bösen Mächten heimgesucht zu werden.

Der vormoderne Mensch sieht sich viel stärker dem Machtspiel zwischen guten und bösen Kräften hilflos ausgeliefert. Er ist von einem magischen Denken geprägt, wo Zauber und Verwünschungen nur mit Gegenzauber und helfenden Ritualen eingedämmt werden können. Mehr oder weniger hilflos steht er dem finsteren Treiben übernatürlicher Kräfte gegenüber und kann sich nur davor „schützen“, wenn er zu geeigneten Gegenmaßnahmen greift: fürchterlich anzuschauende Masken (vgl. Faschingsmasken), großer Krach (vgl. Feuerwerk an Sylvester oder das Böllerschießen) oder magische Schutzrituale sollen die Geister vertreiben. Um sich selbst zu schützen, bleibt man in der „Zwischenzeit“ von Sommer und Winter im Hause und richtet die Zimmer her, damit sich die umherirrenden Seelen der verstorbenen Familienmitglieder willkommen fühlen. Speisereste bleiben auf dem Tisch stehen und die Räume bleiben die ganze Nacht über aufgeheizt, damit die Toten sich nicht an die Lebenden heranmachen; eine Begegnung würde nämlich nach alter Überlieferung den baldigen eigenen Tod bedeuten.

Diese Tradition und der dahinterliegende Glaube an die Macht der Kräfte aus dem Totenreich überdauert die Generationen bis in die Zeit, wo sich der christliche Glaube im Abendland immer weiter durchsetzt. Die christliche Kirche, schon immer geschickt in der Integration ursprünglich heidnischer Feste und Rituale in den eigenen christlichen Glauben (man denke nur an die Festlegung des Weihnachtsfestes auf das Fest des „Sol Invictus“) nimmt das heidnische Fest in den eigenen Festtagskalender auf. Große Schwierigkeiten mit der Umwidmung gibt es nicht, weil der Feiertag zum Gedenken an die Gemeinschaft der Heiligen sehr eng mit dem Tod verbunden ist; Allerheiligen gedenkt man der Menschen, die sich zu ihren Lebzeiten besonders menschlich-christlich verhalten haben, ihr Leben vielleicht sogar für ihren Glauben geopfert haben und nun bei Gott sind.

Der Brauch, eine Frucht auszuhöhlen, geht auf eine irische Legende zurück. Einem Trinker namens Jack soll es demnach gelungen sein, den Teufel zu überlisten. Der Satan mußte ihm zusichern, daß er für alle Ewigkeit auf seine Seele verzichtete. Als Jack schließlich starb, wurde er wegen seiner Trinkerei an der Himmelspforte abgewiesen. Auch der Teufel durfte ihn nicht in die Hölle einlassen - versprochen ist versprochen. Er gab Jack eine glühende Kohle aus dem Höllenfeuer, damit er den Weg zurückfinde. Jack nahm eine Steckrübe, die er als Proviant eingesteckt hatte, höhlte sie aus und packte die Kohle hinein.
Da die Kohle aus der Hölle stammte, erlosch sie nimmermehr. Fortan streifte Jack rastlos umher, da er weder beim Teufel noch im Himmel willkommen war. Die Kürbislampe wird ihm zu Ehren "Jack-o'-Lantern" genannt. (nach: FAZ, 30.10.2001)

Auch das Fest Allerseelen, das am 2. November begangen wird, ruft zum Gedächtnis und Ehrung der verstorbenen Generationen auf und betont damit die Überzeugung, dass alle Menschen, Lebende und Toten, einmal vereint sein werden im Reiche Gottes.

Diese Tradition und der dahinterliegende Glaube an die Macht der Kräfte aus dem Totenreich überdauert die Generationen bis in die Zeit, wo sich der christliche Glaube im Abendland immer weiter durchsetzt. Die christliche Kirche, schon immer geschickt in der Integration ursprünglich heidnischer Feste und Rituale in den eigenen christlichen Glauben (man denke nur an die Festlegung des Weihnachtsfestes auf das Fest des „Sol Invictus“) nimmt das heidnische Fest in den eigenen Festtagskalender auf. Große Schwierigkeiten mit der Umwidmung gibt es nicht, weil der Feiertag zum Gedenken an die Gemeinschaft der Heiligen sehr eng mit dem Tod verbunden ist; Allerheiligen gedenkt man der Menschen, die sich zu ihren Lebzeiten besonders menschlich-christlich verhalten haben, ihr Leben vielleicht sogar für ihren Glauben geopfert haben und nun bei Gott sind. Auch das Fest Allerseelen, das am
2. November begangen wird, ruft zum Gedächtnis und Ehrung der verstorbenen Generationen auf und betont damit die Überzeugung, dass alle Menschen, Lebende und Toten, einmal vereint sein werden im Reiche Gottes.

Der Name Halloween leitet sich von der englischen Bezeichnung für das Allerheiligenfest ab, wo man von All Saints’ Day spricht oder von All Hallows’ Day. Somit meint Halloween ursprünglich den Abend vor Allerheiligen und ist von seiner Bezeichnung her durch und durch christlich motiviert.

Irische Einwanderer bringen im 19. Jahrhundert das Fest mit seinem Namen mit an die Ostküste von Amerika. Dort, wo es nur wenige Traditionen gibt, erfährt das Fest schon bald eine enorme Beliebtheit. Im Laufe der folgenden Jahre entwickelt sich das Fest immer weiter zu einer Kinderattraktion, was durch Film und Fernsehen, aber auch durch die Werbung unterstützt wird. Nicht zuletzt die Anziehungskraft, die von gruseligen und geheimnisvollen Geschichten ausgeht, sorgt für den Boom, den Halloween in unseren Tagen erlebt. Das magische Denken und die damit verbundene Angst vor den übermächtigen Dämonen, die ursprünglich Grundlage für die Herausbildung des keltischen Festes waren, sind heute weitestgehend vergessen. Jedoch wird das magische Denken und die damit verbundenen Ängste wieder neu geschürt durch medienwirksame Warnungen seitens konservativer und fundamentalistischer christlicher Kräfte.

Kritik von konservativ-fundamentalistischer Seite: Halloween als satanistische Attacke

Mit dem Halloweenboom sprießen auch die kritischen Kommentare gegen das „heidnische Fest“ wie Pilze aus dem Boden. Nicht selten in kämpferischen Tönen wird vor der „Lust am Gruseln“ gewarnt, ist geheimnisvoll von anderen Bräuchen die Rede, die an Halloween gepflegt würden und die einen dunkleren Hintergrund hätten. Ganz sicher weiß man da von Satanisten- und Hexenkreisen, die das Fest des Schreckens, des Grauens und des Todes begehen. Es wird suggeriert, dass allein das anschauen von Filmen mit okkulten Darstellungen oder das Lesen von entsprechenden Berichten in Zeitschriften gefährlich ist, weil daraus schnell tödlicher Ernst wird: „Denn wer mit übersinnlichen Erfahrungen herumexperimentiert, gefährdet seine Seele. Er setzt sich okkulten Einflüssen aus – den Einflüssen des Bösen.“ (ExtraBlatt zu Halloween).
Doch mit den Drohungen nicht genug. Mit Bibelstellen sucht man die Kritik zu untermauern und verweist auf Satan als den Gegenspieler Gottes, der das Leben der Menschen zu zerstören sucht. Die simple wie
angsteinflößende Botschaft lautet: Wer Halloween feiert, steht in der Gefahr, sein Seelenheil zu verlieren! In den USA fühlen sich einige christliche Gruppen sogar dazu berufen, mit missionarischem Eifer das Halloweentreiben zu bekämpfen, indem man sogenannte „Hell House“ entwickelt, wo Gemeinden in Theaterszenen die Sünden des modernen Menschen anprangern (Alkoholmissbrauch, Abtreibung, Homosexualität).

Doch was hat das alles mit Halloween noch zu tun? Es drängt sich dem kritischen Beobachter der Eindruck auf, dass hier eine Tradition dämonisiert wird, um die eigene Botschaft mit Hilfe von Angst und Schrecken zum Siegeszug zu verhelfen. Dabei werden nicht nur die Grenzen des schlechten Geschmacks überschritten. Ganz abgesehen vom problematischen Bibelverständnis, das den geäußerten Befürchtungen oftmals zu Grund liegt, wird in unverantwortlicher Weise die Behauptung aufgesetzt, das Satanisten Halloween missbrauchten, um für die eigenen Umtriebe zu werben. Mit dieser platten Warnung stellt man sich auf eine Stufe mit den Medien, die durch große Schlagzeilen ihr Geld zu verdienen suchen und wenig Interesse an den Tag legen, differenziert und abgewogen zu informieren.
Selbstverständlich bleibt unbestritten, dass es z.T. gut organisierte satanische Gruppen gibt, die mit professionellem Aufwand ihre Anschauung vermarkten, und selbstverständlich ist jegliche sozialdarwinistische Ideologie, sei sie satanistisch geprägt oder nicht, zu verwerfen. Doch pauschale Anschuldigungen, die zudem den Anschein erwecken, als handele es sich bei den behaupteten satanischen Umtrieben in der Nacht vor dem 1. November um ein Massenphänomen, das zu einer ernsten Bedrohung für alle arglosen Menschen in ganz Deutschland würde, helfen nicht weiter. Ja, man kann sogar davon ausgehen, dass die Übertreibungen – vermischt mit der Zutat „nichts Genaues weiß man nicht“ – nur dazu führen, die sachliche und begründete Aufklärung über die Strömungen im Satanismus zu behindern.
Bedenkt man weiter, dass wohl die weitaus größte Anzahl von Kindern, aber auch die allermeisten Erwachsenen Halloween dazu nutzen, sich zu amüsieren und einen bunten Farbakzent zu setzen im alltäglichen Allerlei zu einer Zeit, wo die Tage dunkler, dafür die Temperaturen niedriger werden, dann erscheint die ganze Kritik mindestens wie das Schießen mit Kanonen auf Spatzen, wenn nicht sogar als völlig absurd.

Besinnung und Besinnungslosigkeit

Mit der Zurückweisung der Kritik an Halloween, wie sie aus christlich-fundamentalistischen Gruppen ertönt, darf jedoch nicht jede Anfrage verstummen. Gerade in einer Zeit, die geprägt ist von Ruhelosigkeit und Schnelligkeit, gerade in einer Gesellschaft, die das Weiter, Größer, Schöner und Mehr zum nahezu alleinigen Maßstab erklärt, gerade wo der Tod und die eigene Sterblichkeit in professioneller Art und Weise verdrängt wird, stellt sich die Frage, ob wir uns das leisten können, einen weiteren Gedenktag zu opfern.
Das Weihnachtsfest wird schon von vielen Menschen nur noch als belastende Herausforderung erlebt. Die Disko am 2. Weihnachtstag wird zum rettenden Ufer im Kampfgetümmel von Geschenken und Familienfehde. Der Karfreitag wird jedes Jahr aufs Neue hinterfragt (von Ostern ganz zu schweigen) und nun sind auch die Feste an der Reihe, die uns und unser eigenes Leben relativieren, in dem sie uns daran erinnern, das es vor uns Menschen gab und auch nach uns Menschen geben wird, und das wir alle sterblich sind.

Vielleicht kann man beides miteinander verbinden: Die Freude und den Spaß des Halloweenfestes genießen, aber das Totengedenken und die Meditation über die eigene Sterblichkeit dabei nicht vernachlässigen. Dann bräuchte Halloween auch nicht als Konkurrenz verstanden zu werden, die man zu bekämpfen habe.

Axel Seegers