Erzdiözese München und Freising
Fachbereich Weltanschauungsfragen
Informationen zu religiösen und weltanschaulichen Strömungen

Zeugen Jehovas müssen sich bei ihren Tür-zu-Tür-Besuchen an die geltende Datenschutzbestimmungen halten. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Grundsatzurteil vom 10.07.2018 klargestellt.

Geklagt hatte der finnische Datenschutzbeauftragte, nachdem die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas seitens der finnischen Datenschutzkommission aufgefordert wurde, die geltenden Bestimmungen des Datenschutzes zu beachten.

In der Pressemitteilung des EuGH wird auf die gängige Praxis der Zeugen Jehovas wie folgt hingewiesen: „Die Mitglieder dieser Gemeinschaft machen sich im Rahmen ihrer von Tür zu Tür durchgeführten Verkündigungstätigkeit Notizen über Besuche bei Personen, die weder ihnen noch der Gemeinschaft bekannt sind. Zu den erhobenen Daten können die Namen und Adressen der aufgesuchten Personen sowie Informationen über ihre religiösen Überzeugungen und Familienverhältnisse gehören. Diese Daten werden als Gedächtnisstütze erhoben, um für den Fall eines erneuten Besuchs wiederauffindbar zu sein, ohne dass die betroffenen Personen hierin eingewilligt hätten oder darüber informiert worden wären. Die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas und ihre Gemeinden organisieren und koordinieren die von Tür zu Tür durchgeführte Verkündigungstätigkeit ihrer Mitglieder insbesondere dadurch, dass sie Gebietskarten erstellen, auf deren Grundlage Bezirke unter den verkündigenden Mitgliedern aufgeteilt werden, und indem sie Verzeichnisse über die Verkündiger und die Anzahl der von ihnen verbreiteten Publikationen der Gemeinschaft führen. Außerdem führen die Gemeinden der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas eine Liste der Personen, die darum gebeten haben, nicht mehr von den Verkündigern aufgesucht zu werden. Die in dieser Liste enthaltenen personenbezogenen Daten werden von den Mitgliedern der Gemeinschaft verwendet.“ (Pressemitteilung Nr. 103/18 des Gerichtshofs der Europäischen Union vom den 10. Juli 2018 zum Urteil in der Rechtssache C-25/17).

Mit dieser allgemeinen Klarstellung wird die Streitsache zur endgültigen Klärung an das Oberste Verwaltungsgerichtshof Finnlands zurückverwiesen. Gespannt darf man nicht nur auf das abschließende Urteil in Finnland sein, da die Tür-zu-Tür-Missionierung in allen europäischen Ländern üblich ist und mit dem jeweils geltenden Datenschutzrecht übereinstimmen muss. Außerdem gilt seit 2016, also nach Beginn des Rechtsstreits in Finnland, in Europa ein neues Datenschutzrecht (EU-DSGVO), das nicht nur strengere Vorgaben macht, sondern auch bei Verstößen mit empfindlichen Bußgeldern droht.

Axel Seegers

siehe auch:
DER GERICHTSHOF DER EUROPÄISCHEN UNION
https://curia.europa.eu
(dort sind Pressemitteilung, die Schlussanträge des Generalanwalts als auch das Urteil abrufbar)